Montag, 16. April 2018

Konzert- & Albumreview: RIOT IN THE ATTIC (Stoner-/Classic Rock aus Köln)

Manchmal ereilen einen die wirklich guten Sachen, wenn man mal wieder mit überhaupt nichts Besonderem rechnet - oder ist es alles Teil meines Schicksals...?
So, nachdem wir nun mit einer gewohnt wunderbaren Plattitüde zur allgemeinen Ermüdung gestartet sind, möchte ich nach viel zu langer Zeit mal wieder meinen musikalischen Senf in den Äther des Internets rausschleudern (- bitte bildlich vorstellen -)!

...ich saß also letztens in meinem wunderbaren Wohnzimmer namens 'Route 66' (bei mir um die Ecke) und erfahre, dass dort in nächster Zeit 2-3 Konzerte anstehen. Dass die Inhaber dieser Kneipe sich seit Jahren bemühen, talentierten Bands ein Auftrittsforum zu verschaffen, ist alleine schon lobenswert genug! Dass es aber dann auch tatsächlich immer wieder richtig gute Bands dorthin verschlägt, ist erst recht erstaunlich, ist das Route doch ein eher lokaler Laden und die Ecke Flingerns, in der es angesiedelt ist, (trotz Hosen-Historie) nicht unbedingt der allererste Anlaufpunkt für Rock- oder generell Livemusik.
Aber tatsächlich geschehen Wunder ja immer wieder!
Nach ein paar Alt werde ich also genauer dahingehend instruiert, dass dort am 14.04. eine waschechte Rockband alter Schule spielen soll - allgemeine Aufregung macht sich in der Stube bei ALLEN 4 Gästen breit - und ich unterstreiche meine ernsthafte Gesinnung hinsichtlich des Beiwohnens dadurch, dass ich mir das genannte Auftrittsdatum mit einem geliehenen Bleistift auf einen feuchten Bierdeckel notiere, damit ich am nächsten Morgen noch eine reelle Chance haben werde, meiner soeben zugesagten Verpflichtung auch wirklich nachkommen zu können... denn der Wille ist ja vorhanden, aber das Bier ist kalt... - man kennt die Story!

#prosaflash

Als ich im folgenden Morgengrauen zerschlagen unter der Bierbank erwache und der erste Sonnenstrahl des herannahenden Tages meine zerschundenen Glieder erhellt, fällt mein Blick auf ein halb zerrissenes, in einer Bierlache schwimmendes Stück Pappe... ich wundere mich und streiche mir eine klebrige Haarsträhne aus dem Gesicht... - 'Riot in the Attic / 14.04.' steht auf dem mysteriös anmutenden Schriftdokument... schlagartig bekomme ich meine Biermigräne unter Kontrolle und weiß:

Die Rock n' Roll-Götter haben wieder einmal nach mir gesandt!
Es gibt kein Entrinnen mehr...!

So fand ich mich denn am besagten Samstag verwundert, leicht verstört - und doch fest entschlossen! - im Route ein; in einer Gemütsverfassung, wie sie wohl derer Josef K.s nach seinem Eintritt in die unerwarteten Gerichtskanzleien ähnlich gewesen sein muss (- auch die Luft war eine ähnliche!). Wer waren die unbekannten Götter und was wollte mein gitarrenlastiges Schicksal mir an diesem Abend zeigen? Nervös ließ ich mich auf einen altvertrauten Barhocker plumpsen und begann den notwendigen Konsum diverser Kaltschalen... es war noch ein wenig Zeit, bis der Auftritt losgehen würde!

#prosaflashende


Hier kann man die Debut-EP (2. Albumhälfte) auf YouTube checken!


Punkt 21:10 Uhr, ungefähr!
'Riot in the Attic' betreten als three-piece-Kombo die Bretter Flingerns und legen munter los. Die göttliche Gesandtschaft besteht namentlich aus Dan (v/g), Tobi (b) & Tom (zuvor Damir - d) und klingt über die kleine, aber unerwartet brauchbare PA des Route' ebenso unerwartet tight und professionell! Schnell wird klar, dass die Truppe zwar vordergründig Stoner-/Psychedelic-Rock spielt, aber in ihrem Sound auch jede Menge Einflüsse aus Classic Rock, Grunge und auch spätem Sleaze (frühe 90er à la 'Mother Love Bone') anzutreffen sind. Da solche Genreaneinanderreihungen niemandem etwas nützen, hier mal konkrete Nennungen, die meine Ohren mir so und in exakt dieser Reihenfolge diktiert haben...
Dan's Stimme klingt in den niederen Lagen manchmal erstaunlich wie Stephen Shareaux (Kik Tracee) und auch musikalisch ist da in den ruhigeren Songpassagen einige Ähnlichkeit vorhanden (vor allem mit meinem unveröffentlichten Kik Tracee-Lieblingswerk 'Center of a Tension'). Gitarrensound bei den Soli: ganz klar Slash-beeinflusst, man glaubt immer wieder kurze Reminiszenzen an GN'R zu hören; der Chorus von 'Seal the Deal' (ich springe hier jetzt mal etwas, diese Feinheiten habe ich natürlich erst später auf der mitgenommenen CD richtig feststellen können!) hat etwas vom 'Paradise City'-Intro, manche Riffs klingen nach 'modernem Slash' zu 'Velvet Revolver'-Zeiten...

#ernsthafteReviewjetzt




Riot In The Attic - Under The Sun
(2017 / Monkey Road Records / 58:42 mins)

...aber gerade das macht die Stärke dieser Band (vor allem auch auf Tonträger) aus: Dan's Gitarrenspiel ist einfach 'sweet', melodiös und gekonnt phrasiert. Das klingt alles (vor allem in den ruhigen Momenten) bluesiger als erwartet und einfach toll! Eine Ballade wie 'Sunny' hat gar internationales Niveau und muss sich vor keiner prominenten Band verstecken!
Die Vocals sind nicht immer zu 100% perfekt, aber klingen eigenständig (trotz Stephen-Einschlag ;)) und letztlich überzeugend. Hier kommt auch die sehr gute Produktion zum tragen, denn da höre ich durchaus einen leichten (positiven!) Unterschied zur Live-performance... ;) - Bass und Drums sind toll aufgenommen und eingespielt, da gibt es nichts zu rütteln!

Was mir als ewiger Loudness-War-Nörgler noch auffällt: Die Bonus Tracks (Tracks 8-12) stammen vom vorangegangenen Erstling der Band ('Lost & Found'-EP von 2015) und haben noch viel mehr 'Luft nach oben', was die Dynamic Range angeht (Tracks 1-7: DR5, Tracks 8-12: DR8!) - und das spürt man klar! Plötzlich hat die Kick Drum richtig Punch und allgemein kommt das Drumset und der Bass besser zum Tragen, auch fallen sämtliche schrill wirkenden Kompressions-artefakte auf den Becken/Cymbals weg, die auf der ersten Werkhälfte noch manches Mal dem absoluten Hörgenuss leicht entgegenwirken.
Versteht mich nicht falsch: In Sachen Detailreichtum und Soundtransparenz sind die 7 neuen Songs hörbar überlegen abgemischt, aber die verstärkte Kompression macht die lauten, rockigen Stellen wiederum akustisch zu "eng", da gefallen mir (als Demo- und 'Authentizitätsfan') die 'garagigeren' früheren Aufnahmen sound-technisch einfach noch besser!

Jetzt habe ich im Grunde weniger zu den einzelnen Songs gesagt, als ich es vorhatte, aber zusammenfassend kann ich nur attestieren: Das Songwriting ist insgesamt überdurchschnittlich und die Band schafft es, mit wenigen, gut platzierten Sounds und Vocaleffekten eine tolle Stimmung zu kreieren. Für mich liegen die Stärken der Truppe in den ruhigeren Momenten, da dann das stellenweise erschreckend starke Gitarrenspiel besonders prägnant hervorsticht - falls Dan mal eine halbakustische Blues- oder Folkplatte macht, möchte ich bitte informiert werden! ;)
Alles in allem bin ich absolut positiv überrascht und glücklich und stolz, dass es in Köln doch noch solch "echte" und zeitlose Rockbands gibt, die von jungen Männern bevölkert werden - da musste ich wohl erst nach Düsseldorf ziehen, um sowas etwas kennenzulernen...

In diesem Sinne: 'Rock Hard, Rock On, Rock Animal!' und hoffentlich bis bald!